Im Alter von nur 66 Jahren ist der Mitgründer dieses Blogs, Bernd Nellissen, für immer von uns gegangen. Hoffentlich hat er seinen Frieden in diesem "Jenseits", wie wir es nennen, gefunden.
Es ist nun schon über ein Jahr her, dass wir (politische Mitstreiter und meine Wenigkeit) uns von Bernd verabschieden mussten. Jetzt erst finde ich die Kraft und die Zeit, ihm auch online nochmal die letzte Ehre in Form dieses, nennen wir es mal Internet-Epitaphen, zu erweisen. Es tut immer noch weh, gerne denke ich an meinen politischen Ziehvater und lieben persönlichen Freund zurück. Was haben wir oftmals bis in die Nacht in Kneipen oder später auch oft bei ihm zu Hause diskutiert, polemisiert und uns dabei auch amüsiert. Bernd konnte sich trefflich echauffieren, sein lebhaftes Naturell leistete vielen Temperamentsausbrüchen Vorschub, etwas, was manche Weggefährten nicht so gut verknusen konnten.
Tief in seinem Herzen war er, wie ich es auch bin, ein Gerechtigkeitsverfechter und Humanist.
Bernd erblickte am 20.4.1951 in Emmerich das Licht der Welt. Aufgewachsen ist er in dieser beschaulichen Kleinstadt am Niederrhein im Kreis Kleve. Laut seiner Eigenaussage entstammte er einer adligen Familie.
Schon in der Schule zeigte sich sein Hang zu bzw. die Fähigkeit, zu führen - Er war Schülersprecher an seinem Gymnasium. Gleichzeitig verfiel er schon damals als Schüler nicht ins Elitäre, organisierte stattdessen den wohl ersten deutschen Schülerstreik - das war 1967. (Bewegte Zeiten, die auch Bernd früh politisiert hatten.)
Zum Studieren kam er 1970 (?)) nach Berlin, um an der FU (Otto-Suhr-Institut) zu studieren, meines Wissens nach Politologie und Soziologie sowie Touristik. [to be chked]. Er reiste gerne, hat sich für andere Kulturen und Mentalitäten begeistern können, erwähnenswert insbesondere sein Hang zu Griechenland, er hat sich oft selbst als graecophil bezeichnet. Auf Kreta hat er den Tourismus in den Siebzigern und Achtzigern mit aufgebaut, er pflegte gute Beziehungen zu mehreren Hoteliers, diese z.T. bis in die letzten Jahre.
Nach einem Leben auf durchaus größerem Fuß (Leiter des Berliner Landschulheims am Wannsee, Eigentümer einer Firma mit 30 Angestellten) war Bernd 2004 gezwungen, sich unter das Joch von Hartz IV begeben zu müssen. Hierüber lernte ich Bernd kennen, wir haben in Berlin gemeinsam die WASG in der Bezirksgruppe Tempelhof-Schöneberg mit aufgebaut und die Vereinigung mit der PDS als "Vernunftehe" zur Partei DIE LINKE vorangetrieben.
Von 2008 - 2011 war Bernd in seine Heimatstadt Emmerich zurückgekehrt, um dort den Kreisverband und die Ortsgruppe neu aufzubauen, er erwarb schließlich ein Mandat für den Klever Landkreistag. [Bezeichnung prüfen!]
Leider zunehmenden Intrigen und sanften politischen Erpressungsversuchen ausgesetzt, wandte er sich enttäuscht von Emmerich ab und kehrte nach Berlin zurück.
Mit dem JobCenter und der Deutschen Rentenversicherung plagte er sich seit 2012 schwer, letztere weigerten sich lange, die Betreuungskosten für seine Mutter zu übernehmen und eine angemessene Unterbringung zu bewilligen. Diese Kämpfe zehrten Bernd sehr auf, das politische Agieren gegen diese neoliberalen Zumutungen kostete ihn zunehmend Kraft.
Leider ist meine irgendwann mal scherzhaft mahnende Äußerung "Du stirbst noch an 'nem Herzinfarkt, wenn Du Dich immer so aufregst !" im Dezember 2017 letale Realität geworden - ich hatte zunächst nur gemerkt, dass Bernd nicht mehr ans Telefon geht. Das kann ja gerade in der heutigen Zeit ein technisches Verschulden des Providers sein, so dachte ich mir noch nichts dabei. Böses schwante mir dann erst, als er auch auf Email nicht mehr reagierte. Zum Glück hatte ich noch die Telefonnummer seiner Mutter in Emmerich, so rief ich an, und schon im ersten Moment merkte ich, dass sich meine Befürchtungen bestätigen würden: mit nur mühevoll gefasster Stimme sagte seine Mutter nach der Begrüßung und meinen kurzen Worten, wer ich bin, dass Bernd tot sei.
Und es hat den guten Mann tatsächlich auf die von mir orakelte Weise aus dem Leben gerissen. Herzinfarkt, auf seiner Couch sitzend. Ich hoffe bis zum heutigen Tage, dass er keine Schmerzen erleiden musste, oder wenn dann hoffentlich nur ganz kurz. Vielleicht kann man ins Feld führen, dass es schlimmere Tode gibt, und manche Menschen langes Siechtum erleiden müssen. Dies trifft auf Bernd dann wohl nicht zu. Dennoch, Bernd, Du fehlst ! Wir bräuchten Dich hier, auf der realen Seite des Universums, auf dieser Welt, denn es sind noch soviel politische Kämpfe zu führen, die Welt wird von Tag zu Tag chaotischer, Profitinteressen regieren gnadenlos durch, die Menschen werden immer mehr von ihrer Natur und von einander entfremdet...
Leute wie Du gab und gibt es zu wenig.
Aber um es etwas abgewandelt mit den Worten Rudi Dutschkes zu sagen:
BERND, DER KAMPF GEHT WEITER !!
Ruhe in Frieden, Phílo mou !